Zweitstimmen
- SPD: 30,89 % (+4,7) (32 Sitze, +7)
- AfD: 29,23 % (+5,72) (30 Sitze, +7)
- BSW: 13,48 % (+13,48) (14 Sitze, +14)
- CDU: 12,10 % (-3,47) (12 Sitze, -3)
- B90/Grünen: 4,13 % (-6,65) —> Nicht im Landtag vertreten
- Linke: 2,98 % (-7,74) —> Nicht im Landtag vertreten
- BVB/FW: 2,57 % (-2,48) —> Nicht im Landtag vertreten
Wahlbeteiligung: 72,9% – Rekord
Das Wichtigste in Kürze
- Die SPD gewinnt das Kopf-an-Kopf-Rennen mit 30,89 % und wird so knapp Wahlsieger vor der AfD (29,23 %). Sie geht als einzige Ampel-Partei gestärkt aus dieser Wahl. Sie wird von Rentnern und strategischen Wählern kleinerer Parteien gerettet.
- Dietmar Woidke verliert sein Direktmandat an die AfD.
- Die AfD holt ihr historisch bestes Ergebnis in Brandenburg mit 29,23 % und wird knapp zweitstärkste Kraft. Sie erringt damit das drittbeste Ergebnis bei einer Landtagswahl bundesweit. Die AfD kann auf allen Gebieten und von allen Bevölkerungsgruppen Stimmen und Zuspruch hinzugewinnen. Bei allen Bevölkerungsgruppen unter 60 liegt die AfD vorne.
- Die AfD erreicht die Sperrminorität, da sie über 1/3 der Sitze im Landtag verfügt.
- BSW wird mit 13,48 % zwar abgeschlagen, aber dennoch drittstärkste Kraft.
- Für die CDU (12,1 %) ist dies das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte in Brandenburg bei einer Landtagswahl. Sie verliert circa 1/4 ihrer Stimmen im Vergleich zur letzten Wahl und wird lediglich viertstärkste Kraft.
- Bündnis90/Die Grünen sind mit 4,1 % und ohne Direktmandat nicht im Landtag vertreten. Ihr Kernthema Klimaschutz rangiert beim Themenranking auf dem vorletzten Platz. Grüne Themen sind demnach nicht auf der Höhe der Zeit und am Puls der Gesellschaft. Grüne sind für Erstwähler unattraktiv (nur 7%).
- Die FDP fällt unter 1% und ist somit nicht mehr messbar. Auch vorher war sie bereits nicht im Landtag vertreten.
- BVB/Freie Wähler (2,57 %), die bisher ein Direktmandat errungen hatten und somit im Landtag waren, verliert dies an die AfD und ist somit nicht mehr im Landtag vertreten.
Die Brandenburgwahl 2024 als strategische Wahl
Das starke Abschneiden der SPD zulasten der anderen Parteien deuten auf eine strategische Wahl hin, die insbesondere mit der Frage verknüpft war, wer stärkste Kraft in Brandenburg wird.
Dafür sprechen folgende Punkte:
- Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und AfD.
- Die starken Ergebnisse der AfD in den vorausgegangenen Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen.
- Der gegenläufige SPD-Trend auf Bundesebene sowie die schwachen Ergebnisse der vorausgegangenen Wahlen (EU, Sachsen, Thüringen).
- Zugewinne für die SPD bei allen Wählerschichten sowie bei der Kompetenzzuschreibungen im krassen Gegensatz zum SPD-Bundestrend.
- Keine Direktmandate für andere Parteien außer für SPD und AfD.
- 75% der SPD-Wähler gaben an, dass sie zwar nicht von ihrer Partei überzeugt seien, aber sie wählten, um eine starke AfD zu verhindern.
- Die SPD wählten nur 63 % aus Überzeugung, 28 % aus Protest.
- Michael Kretschmer (CDU) hat Dietmar Woidke (SPD) kurz vor der Wahl Unterstützung signalisiert.
Wissenswertes und relevante Daten zu dieser Wahl
- Mit über 73% Wahlbeteiligung ist dies die höchste Wahlbeteiligung in Brandenburg seit der Wiedervereinigung - die hohe Mobilisierung spricht für eine starke Politisierung der Gesellschaft. Ausschlaggebend dürften neben den realen Problemen auch die vorangegangenen Wahlen in Sachsen und Thüringen sowie die Frage, wer das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen AfD und SPD entscheidet, gewesen sein.
- Die wichtigsten Themen bei der Wahl waren Soziale Sicherheit (20 %), Wirtschaftliche Entwicklung (19 %), Zuwanderung (17%), Bildung (12 %), Kriminalität (12 %), Klimaschutz (9 %), Ukraine/Russland (9 %)
- Eine knappe Mehrheit (56 %) in Brandenburg ist der Meinung, dass die Landtagswahl eine Gelegenheit war, der Bundesregierung einen Denkzettel zu verpassen. Allerdings ist mit der Stärkung der SPD der „Denkzettel“ bei dieser Landtagswahl lediglich in Richtung B90/Grüne und FDP gegangen.
- Grundsätzlich sehen 78% aller Wähler die Notwendigkeit für eine andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen „zu uns“ kommen (es ist unklar, ob Brandenburg oder Deutschland gemeint ist).
- Die Wirtschaftliche Lage wird das erste Mal seit 2004 wieder mehrheitlich als „schlecht“ bewertet (52%). Auch nimmt die Anzahl derjenigen ab, die ihre persönliche wirtschaftliche Lage als „gut“ bewerten (81 %, -4).
- Die von den Brandenburgern am meisten (28%) favorisierteste Koalition aus SPD, CDU und FW wird aufgrund des verpassten Einzugs der FW nicht zustandekommen. Die am zweitmeisten favorisierte Koalition (27%) bestünde aus SPD, CDU und BSW. In einer solchen Koalition müsste sich BSW den Vorwurf gefallen lassen, Steigbügelhalter einer Großen Koalition und damit einem „weiter so“ zu sein.
- Nur 9% der CDU-Wähler sind dafür, dass die SPD die nächste Landesregierung führt - somit sind 91% ihrer Wähler gegen eine Koalition mit der SPD, die nach dem Nichteinzug der FW jedoch drohen könnte.
Wissenswertes zur AfD im Zusammenhang mit dieser dieser Wahl
- Bei den Wählern zwischen 16 und 59 Jahren liegt die AfD stets vor der SPD. Erst in den Kohorten ab 60+ kippt dies zugunsten der SPD. Die AfD bleibt aber auch dort stets zweitstärkste Kraft.
- Die AfD schnitt, wie in den vorausgegangenen Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen auch, erneut mit Abstand am stärksten bei den Erstwählern ab (31%). Der Trend verstetigt sich damit.
- 52% der AfD-Wähler wählten die Partei aus Überzeugung, 42 % aus Enttäuschung über andere Parteien.
Die AfD kann leichte bis mittlere Gewinne bei der Kompetenzzuschreibung machen:
– Kriminalitätsbekämpfung: 24 % (+2)
– Asyl- und Flüchtlingspolitik: 22 %, (+4)
– Ostdeutsche Interessen: 20 % (+7)
– Politik gegenüber Ukraine/Russland: 14 %
– Arbeitsplätze: 13 % (+6)
– Soziale Gerechtigkeit: 13 % (+3)
– Wirtschaft: 13 % (+5)
– Kriminalitätsbekämpfung: 24 % (+2)
– Asyl- und Flüchtlingspolitik: 22 %, (+4)
– Ostdeutsche Interessen: 20 % (+7)
– Politik gegenüber Ukraine/Russland: 14 %
– Arbeitsplätze: 13 % (+6)
– Soziale Gerechtigkeit: 13 % (+3)
– Wirtschaft: 13 % (+5)
- Für Wähler der AfD spielten Zuwanderung (41 %), Kriminalität, innere Sicherheit (23 %) und Wirtschaftliche Entwicklung (16 %) die wichtigste Rolle als Themen. Damit liegt sie etwas neben dem allgemeinen Trend in Brandenburg.
- Die AfD schnitt, wie in den vorausgegangenen Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen auch, erneut mit Abstand am stärksten bei den Erstwählern ab (31%). Der Trend verstetigt sich damit.
- Die AfD gewann von allen Parteien, die bisher im Landtag vertreten waren, Wählerstimmen hinzu.
Am meisten von CDU (22.000),
Nichtwähler (13.000)
SPD (13.000)
BVB/FW (7.000),
Linke (6.000),
B90/Grüne (3.000).
Die AfD verlor jedoch 14.000 Wähler an BSW. - Bei den Altersgruppen hat die AfD die stärksten Zugewinne bei 16-24-Jährigen (32 %, +14) und erzielt damit ein überdurchschnittliches Ergebnis in der jüngsten Alterskohorte.
- Die größte Wählergruppe bei der AfD sind die Arbeiter (47 %, +3). Die größten Zugewinne macht sie jedoch bei den Rentnern (23 %, +8).
- Die AfD konnte auch in großen Städten zulegen (23 %, +3). Insbesondere ist sie aber in kleinen Gemeinden die stärkste Kraft und überdurchschnittlich stark (35 %, +8).
- Die AfD macht bemerkenswert starke Zugewinne bei Frauen 25 % (+8) und ist damit insgesamt auch zweitstärkste Kraft bei Frauen.
- Bereits 28 % (+4) der Wähler allgemein sehen in der AfD die Kümmerer-Partei vor Ort im Vergleich zu allen anderen Parteien.
- Für 77 % der AfD-Wähler spielt es keine Rolle, ob die Partei als rechtsextrem gilt.
- Der Vorwurf, die AfD-Wähler wollten in ihrer Mehrheit einen rein deutschen Ethno-Staat (21 %), die Ausweisung von arbeitenden Migranten mit deutschem Pass (10%) oder ein Teilnahmeverbot von allen Migranten allgemein an öffentlichen Veranstaltungen (30%) entspricht nicht den Tatsachen und wird bestenfalls von einer kleinen, teils marginalen Gruppe von AfD-Wählern geteilt.
- Die AfD liegt in der Kompetenzzuschreibung bei den relevanten Themen Asyl- und Flüchtlingspolitik, Kriminalitätsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit stets fünf bis zehn Prozentpunkte hinter der Werten in Sachsen, kann also nicht auf dasselbe Vertrauen bauen wie dort.
- Für AfD-Wähler war nur bei 5 % das Spitzenthema der Wahl „Soziale Sicherheit“ ebenfalls am wichtigsten.
- AfD-Meinungen sind jedoch in der Bevölkerung in Brandenburg stark verankert:
- 73 % (+15) alles Wähler Brandenburgs machen sich Sorgen, dass die Kriminalität künftig massiv zunimmt. Dem stimmen 60 % bis 94% aller Wähler aller relevanten Parteien Brandenburgs zu.
- 70 % meinen, dass der Einfluss des Islam in Deutschland zu stark wird. Dem Stimmen über 2/3 bis 90 % aller Wähler aller relevanten Parteien Brandenburgs zu.
- Eine Ausnahme bilden 70 % der Stimmen: diese haben die Sorge, dass sich der Rechtsextremismus in Deutschland weiter ausbreitet. Außer bei AfD-Wählern liegt hier der Anteil auch weit über 2/3.
- Ein weiteres AfD-Thema, dass in der Brandenburger Bevölkerung verankert ist, ist der Ukraine-Krieg. 69% machen sich Sorgen, dass Deutschland in den Ukraine-Krieg mit hineingezogen werden könnte. - Insbesondere Wähler der AfD (67 %) machen sich sorgen, dass sie ihren Lebensstandard nicht mehr halten können. Das sind 3/4 all jener Wähler, deren Netto-Einkommen bei unter 1.500 EUR liegt. Wähler von CDU und SPD machen sich in ihrer Mehrheit keine Sorgen diesbezüglich. Die AfD ist somit die Stimme der sozial Schwachen und Schwächsten.
Wissenswertes zur SPD bei dieser Wahl
- Woidke verliert sein Direktmandat an die AfD.
- Die SPD kann die zweitmeisten Erstwähler in Brandenburg auf sich vereinigen (18 %).
- Selbst eine Mehrheit der SPD-Wähler in Brandenburg ist unzufrieden mit der Bundesregierung (58 %).
- 75 % der SPD-Wähler gaben an, dass sie zwar nicht von ihrer Partei überzeugt seien, diese aber wählten, um eine starke AfD zu verhindern.
- Die größte Wählergruppe bei der SPD bleiben mit Abstand die Rentner (41 %, +2). Jedoch kann die SPD stark bei allen anderen Gruppen hinzugewinnen. Insbesondere bei Selbstständigen (24%, +12) verdoppelt sie ihre Zustimmung.
- Die Alterskohorte Ü-70 wählt zu 50 % die SPD. Damit ist sie die wichtigste Alterskohorte der Partei.
Wissenswertes zu den anderen Parteien dieser Wahl
- B90/Die Grünen landen bei den Erstwählern selbst hinter der Partei Die Linke, obwohl diese nicht im Landtag vertreten ist.
- Die traditionell grünen Wahlkreise in Potsdam gehen zulasten von B90/Grüne an die SPD. Dort ist auch die höchste Wahlbeteiligung messbar. Dies deutet auf eine strategische Wahl „gegen Rechts“ hin.
- B90/Grünen verlieren über 20 Prozentpunkte bei der jüngsten Alterskohorte und kommen auf lediglich 7 %. Damit ist sie für junge Menschen unattraktiv.
- 59 % der CDU-Wähler gaben an, dass sie ihre Partei nicht aus Überzeugung wählen, sondern um eine starke AfD zu verhindern.